Filmstudio wird zur eSport-Arena: Die Valorant Champion Tour zu Gast im Studio Babelsberg
Eine schwarze Halle mit aufwendiger LED-Beleuchtung und LED-Floor, darauf im Kreis angeordnet sitzen hochkonzentriert internationale Stars: Das Setting könnte ein Filmdreh sein, denn die Halle ist die Marlene-Dietrich-Halle, eine der geschichtsträchtigsten und größten Studiohallen Europas. Hier auf dem Gelände des Studio Babelsberg wurden bereits Filmklassiker wie „Der blaue Engel“ und „Metropolis“ gedreht. Erst kürzlich war das Team von „The Matrix Resurrections“ zu Gast. Aber wo sonst Filmschaffende Tag und Nacht abgeschirmt von der Öffentlichkeit an neuen Produktionen arbeiten, zogen im Dezember vergangenen Jahres die Stars einer ganz anderen Branche ein: die international besten Gamer – und mit ihnen eines der wichtigsten eSports-Events des Jahres, das Finale der Valorant Champion Tour (VCT).
Massenphänomen eSport
Valorant ist eines der beliebtesten Spiele des „Free-to-Play-Muliplayer-Ego-Shooter“-Genre, entwickelt von Riot Games und seit 2020 auf dem Markt. Es gibt lokale Ligaformate, aber die VCT ist eine auf ein Jahr angelegter und in mehreren Ländern stattfindender Wettbewerb, bei dem sich die Besten der Besten weltweit messen können. Die Inszenierung setzt immer wieder neue Maßstäbe. Der selbsterklärte Anspruch von Riot Games ist es bei den Spielenden und Fans für einen hohen Unterhaltungswert zu sorgen und eSport in diesem Rahmen noch größer und besser zu machen.
Der Erfolg von eSport-Events ist in den vergangenen Jahren explodiert. Die Publikumszahlen umfassen oft 100.000 oder mehr Zuschauende. Allein in den vergangenen zwei Jahren des Lockdowns sind die Nutzer:innenzahlen durch Absagen von anderen Events stark gestiegen, denn die Branche stellte sich schnell auf Online-Events um. Weltweit lag der Umsatz der eSports-Branche im Jahr 2020 bei 947 Mio US Doller. Bis 2024 prognostiziert die Marktforschung ein Marktvolumen von rund 1,6 Milliarden Euro.
Ausbau der Studio-Infrastruktur für eines der größten Gaming-Events des Jahres
Ursprünglich sollte auch die VCT vor Live-Publikum stattfinden, aber durch die pandemiebedingten Einschränkungen und dank idealer Bedingungen vor Ort entschied sich Riot Games für die intensive Studioatmosphäre in Babelsberg mit Live-Übertragung. Nach zahlreichen Vorrunden über das Jahr verteilt, trafen zum Finale im Dezember in Potsdam und Berlin die 16 internationale Teams aufeinander. Das Ereignis wurde live ins Netz übertragen. Dafür, dass das Finale nichts von seinem Zuschauer:innenerlebnis einbüßte, sorgte ein großes Technik-Team mit Unterstützung der Studiobetreiber:innen von Studio Babelsberg.
Diese hatten bereits im Sommer Gespräche geführt. „Wir sind normalerweise auf Filmproduktionen fokussiert und oft mehrere Monate ausgebucht. Aber wenn wir Kapazitäten haben, machen wir auch gern eSport-Events oder Talkshow-Formate. Als die Entscheidung für Babelsberg fiel, haben wir die Infrastruktur massiv aufgestockt“, so Eike Wolf, Leiter des Studiobetriebs und Mitglied der Geschäftsleitung. Vor dem Studiotor wurde die halbe Straße kurzzeitig gesperrt und eine 2×10 Gigabit-Leitung Glasfasernetz gelegt, die eine reibungslose Übertragung des hohen Datenvolumens garantieren. Die weißen Studiowände der Marlene-Dietrich-Halle, bedeckt mit viel Patina und Kunstblutspritzern des letzten Tarantino-Drehs, verschwanden unter schwarzer Farbe. Jeder Treppenleiter, jedes Heizungsrohr und jede Schraube wurde schwarz überstrichen, um ein optimales Setting für das Gameereignis zu schaffen.
Im Hintergrund agierte zusammen mit Riot Games und dem Team des Studio Babelsberg das Produktionsunternehmen Concom, das sich auf Sportevents der Größenordnung wie US Open Series oder die Red Bull Air Races spezialisiert hat. Schon Monate im Vorfeld liefen Vorbereitungen und Absprachen mit Anrufen und Mails aus allen Teilen der Welt, darunter Amsterdam, Dublin, Dubai oder Los Angeles. Eine Herausforderung auch für die Infrastruktur des Studioteams, das normalerweise auf lange Drehs und nicht auf kurzlebige und gleichzeitig global angelegte Events ausgerichtet ist. Vor Ort entstand in dieser Zeit ein eigenes Produktionsbüro. „Für die Valorant Championship Tour hat man hier für die drei Wochen der Übertragung ein eigenes Headquarter eingerichtet, zwei Etagen mit Büros, die sich um die reibungslose Übertragung des Streams und Showproduktion gekümmert haben.“, so Eike Wolf. Die Spielenden und alle Beteiligten begaben sich im Vorfeld in Quarantäne und auch die aufwendige On-Set-Produktion wurde von umfangreichen Corona-Tests begleitet.
In der atmosphärisch beleuchteten Halle des Filmstudios hat das Finale der VCT 2021 als Streamingevent nichts von seiner sonst durch einen Live Charakter geprägten Anziehungskraft eingebüßt . Die Anspannung und die stundenlange Konzentration der Valorant-Teams wurden immer wieder von Euphorie und Begeisterung über bestandene Herausforderungen abgelöst. Nach zwei spannungsgeladenen Wochen standdas Siegerteam fest: „Acend“ gewann das letzte Match knapp vor „Gambit“.
Während in Babelsberg bereits wieder die Filmkameras für die nächsten Filmproduktion bereitstehen, ist das Team um Riot Games schon mittendrin im globalen Saisonstart der VCT 2022. Und auch eine weitere Phase des eSports ist eingeläutet. Mit VRL DACH: Evolution“ ist in diesem Jahr eine offizielle Regionalliga für den deutschen Sprachraum gestartet.
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