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©Tian Stoehr /Arkanumpictures

Wie Arkanum Pictures die Film- und Medienproduktion neu denkt

Innovation in der Filmproduktion aus Babelsberg

Der Filmstandort Potsdam-Babelsberg ist ein Traditionsstandort – seit mehr als 100 Jahren werden auf dem Gelände des Studio Babelsberg nationale sowie internationale Filme produziert, daneben seit einigen Jahren auch Serien wie Babylon Berlin oder TV-Shows wie Bosetti Late Night. Zugleich steht der Standort für medientechnische Innovationen. So bündelt etwa der MediaTech Hub Potsdam Kompetenzen, vernetzt Akteur:innen und legt als einziger Digital Hub der Digital Hub Initiative seinen Fokus speziell auf MediaTech.

Aber auch im Bereich der audiovisuellen Produktion gibt es einige Beispiele, die für medientechnologischen Fortschritt aus Babelsberg stehen. Volucap zum Beispiel entwickelte ein volumetrisches Video-System, mit dem sich 3D-Aufnahmen von Personen und Schauspieler:innen anfertigen lassen. Für den Film THE MATRIX RESURRECTIONS von Lana Wachowski wurden einige Aufnahmen im Volucap-Studio aufgenommen, aber auch an anderen Sets mit Hilfe der Technik von Volucap. Die Postproduktion des Hollywood-Streifens fand wiederum bei  Rotor Film statt, dessen Cinema Stage weltweit zu den größten und modernsten Studios für filmische Postproduktion zählt. Für ihre Arbeit am Film THE MATRIX RESURRECTIONS stand das gesamte Produktionsteam auf der Nominierten-Shortlist für die 94. Oscars 2022 in den Kategorien “Sound” und “Visual Effects”.

Auch die noch junge Produktionsfirma Arkanum Pictures hat sich der Innovation verschrieben. 2023 wurde das Unternehmen gegründet und hat seinen Sitz ebenfalls in Babelsberg. Das Konzept von Arkanum Pictures ist es, traditionelles Handwerk in der Filmproduktion mit innovativen, neuen und spannenden Ansätzen zu verknüpfen – sowohl in der Stoffentwicklung, als auch in der Medienproduktion.

Die DNA von Arkanum Pictures: Neue Ansätze finden

Für Sebastian Herbst, Co-Geschäftsführer von Arkanum Pictures, rührte der Wunsch eine eigene Produktionsfirma zu gründen, daher, die Medienlandschaft in Deutschland mitgestalten zu wollen. Das bedeutet unter anderem auch: Neues ausprobieren, Innovation wagen und manche Dinge anders zu machen, als bisher üblich – und im Grunde ist das auch die DNA von Arkanum Pictures.

Im Gespräch mit dem MTH Potsdam erzählt Sebastian Herbst, dass der Gründung der Produktionsfirma ein zweijähriger Prozess vorausgegangen sei, in dem er und sein Geschäftspartner Lukas Koll ganz genau überlegt haben, wie sie das Unternehmen aufstellen wollen. So lebt Arkanum Pictures von den unterschiedlichen Expertisen und Erfahrungen, die in dem Unternehmen zusammenkommen. Sebastian selbst ist ursprünglich im Bereich Kommunikationsdesign tätig gewesen, während sein Geschäftspartner Lukas unter anderem einen filmwissenschaftlichen Hintergrund hat. Zudem hat Lukas Erfahrungen im Animationsfilm. Unter anderem hat er an Laika & Nemo mitgewirkt, einem Kurzfilm, der mit der Stop-Motion-Technik animiert wurde und welcher 2022 mit dem sogenannten “Studenten-Oscar” bei den Student Academy Awards in der Kategorie “Animation” ausgezeichnet wurde.

Neben der Geschäftsführung trägt aber auch das gesamte Team mit seinen individuellen und kreativen Hintergründen zur Weiterentwicklung und zum Erfolg der Produktionsfirma bei. Es kommen verschiedene Stimmen zusammen, die sich nicht zwingend gegenseitig ausschließen, sondern sich auf eine konstruktive Art und Weise ergänzen. “Die große Synergie, die man findet, ist, dass man Leute um sich hat, die vielleicht auch in anderen Medien, an anderen Projekten gearbeitet haben, und dass man sich in diesem Zusammenschluss untereinander austauschen kann, wo man Perspektiven zu den eigenen Projekten bekommt, die nicht immer unbedingt identisch mit der eigenen sein müssen”, fasst Sebastian den kreativen Austausch zusammen.

Darüber hinaus habe man sich dazu entschieden, dass bei Produktionen von Arkanum Pictures die Rechte nicht allein bei der Produktionsfirma liegen, wie Sebastian erklärt: “Wir haben ein Modell gefunden, in dem wir es jungen Produzierenden ermöglichen, als Produzent:innen an ihren Projekten zu arbeiten, die sie vielleicht aus der Hochschule, aus der Uni mitbringen. Im Gegensatz zu einem klassischen Anstellungsverhältnis, wo sämtliche Rechte dann nur bei der Firma am Ende liegen, haben wir ein Modell gewählt, in dem die Verantwortlichen für die Projekte ebenfalls zu einem Großteil die Rechte daran haben”, so Sebastian.

Die Bedeutung des Filmstandorts Babelsberg

Zudem sei die Standortfrage für Arkanum Pictures entscheidend gewesen – Berlin oder Potsdam-Babelsberg? Kennengelernt haben sich die beiden Geschäftsführer sowie Teile des Teams während des Studiums an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF. Während dieser Zeit haben sie sich den Standort Babelsberg immer weiter angenähert, wie Sebastian es beschreibt: “Wir haben gesehen, dass der Standort wahnsinnig spannend ist, als Medienstandort, als Technologiestandort, und dass hier eine riesig große Filmgeschichte vorhanden ist, ebenso wie Expertise. Die Oscars stehen hier sozusagen in den Regalen, wenn man die richtigen Türen öffnet. Das heißt, hier arbeiten Leute, die im Grunde die Besten der Welt sind.”

Dem gegenüber stand, dass es kaum Produktionsfirmen gab, die eigene Stoffe entwickeln. Dies bot für Arkanum Pictures einerseits das Potenzial, eine Lücke zu füllen. Andererseits liegt am Filmstandort Babelsberg eine ausgeprägte Infrastruktur zugrunde, die sich das junge Unternehmen zu Nutze macht.

Seit Juni 2024 erhält Arkanum Pictures außerdem das STARTBÜRO BABELSBERG-Stipendium der Filmuniversität. Zum einen steht dem Team dadurch ein Büroplatz mitten in Babelsberg zur Verfügung, was vor allen Dingen dabei hilft, Kontakte zu knüpfen und zu pflegen und sich am Standort zu etablieren. Zum anderen erhält das Team eine finanzielle Unterstützung.

Experimente, kreative Forschung und kollaborative Arbeit

Die Medienproduktion und Entwicklung selbst ist ein kleinteiliger Prozess, der aus mehreren Schritten besteht. “Was wir beobachtet haben, war, dass diese unterschiedlichen Projektstufen und Gewerke teilweise sehr voneinander abgetrennt stattfinden, wobei das Medium selbst nur mit guter und kreativer Kollaboration funktionieren kann. Kein Film wird von einer Person gemacht”, erzählt Sebastian dazu. Zudem gäbe es gerade an Filmsets klare Hierarchien und Gefälle. Und während der Film auf der einen Seite immer innovationsgetrieben sei und beispielsweise auf technischer Seite immer wieder Neuerungen hervorgebracht hat, seien die sozialen Komponenten beim Filmemachen laut Sebastian Herbst eher konservativ.

Das Anliegen von Arkanum Pictures sei es zwar nicht, diese Hierarchien gänzlich in Frage zu stellen, jedoch wolle man neue Wege gehen. Dies bezieht sich zu einem gewissen Teil auf die Art und Weise der Zusammenarbeit. So sei beispielsweise der Gedanke aufgekommen, Personen aus bestimmten Gewerken eben auch in Prozesse mit einzubeziehen, in die sie normalerweise sonst nicht mit eingebunden wären.

Auch probiere man stetig neue Methoden aus, wie sich einem Stoff angenähert werden kann. Dies sei jedoch vom jeweiligen Projekt abhängig. In jedem Fall wird geschaut, was das Produktionsteam oder die kreativ Verantwortlichen zur Verwirklichung ihrer Vision benötigen.

Dies spiegelt sich auch in dem gemeinnützigen Projekt Das Kollaborativ wider, in dem die teambasierte Erarbeitung von Stoffen und Ideen auf kreative Weise erforscht und erprobt wird. Hier wird mit Formen der Stoffentwicklung und des Ideen-Prototypings aus anderen kreativen Bereichen ebenso experimentiert wie mit agilen Start-up-Methoden wie Design Thinking.

Eine Initiative, die mit Das Kollaborativ organisiert und veranstaltet wird, ist “Encourage Film Talents”. Dieses Format fand 2024 das erste Mal im Rahmen der 74. Berlinale statt und wird mittlerweile als Eventreihe auf mehreren Filmfestivals fortgeführt. “Encourage Film Talents” ist sowohl ein Ort für Kreativschaffende, um sich zu vernetzen, aber auch eine Art  Plattform für Austausch über die Zukunft der Branche, insbesondere mit Blick auf junge Filmschaffende.

Obwohl Sebastian Herbst und Lukas Koll ebenfalls die Geschäftsführer von Das Kollaborativ sind, war den beiden relativ schnell klar, dieses Projekt von Arkanum Pictures zu entkoppeln. “Wir haben gemerkt, dass es eine Instanz braucht, die eben nicht die Produktionsfirma ist, also ein Ort, wo man mehr experimentieren und ausprobieren kann und eine geringere Fallhöhe hat”, erklärt Sebastian. Denn während es bei Arkanum Pictures im Zweifel darum geht, am Ende auch Medien zu produzieren, sei es laut Sebastian bei Das Kollaborativ völlig in Ordnung, “wenn am Ende auch mal nichts dabei rauskommt, außer eines Erkenntnisgewinns und einem Wissensaustausch.”

Von Arthouse bis Virtual Production – Aktuelle Produktionen

Neben kreativen Ansätzen und innovativen Methoden in der Stoffentwicklung, hat Arkanum Pictures auch neue Technologien im Blick. 2024 wurden etwa zwei Projekte realisiert, bei denen ganz speziell mit Virtual Production gearbeitet wurde: Wingspan und Interconnection. Virtual Production beschreibt einen Prozess der Produktion, bei dem vor riesigen LED-Wänden gedreht wird, auf denen die digital erstellten Hintergründe abgebildet werden.

Bei beiden Projekten wurde das Konzept der Virtual Production gleich von Beginn an in die Stoffentwicklung mit einbezogen. Und speziell für die Miniserie Interconnection war es das Ziel, “die Technik an ihre Grenzen zu bringen”, wie Sebastian es beschreibt. So sollten die LED-Wände nicht nur als Hintergrundfläche benutzt werden, sondern auch als Interaktionsfläche für die Schauspieler:innen dienen.

Wingspan besteht aus insgesamt drei Pilotfolgen, die aktuell bei diversen Märkten und Plattformen präsentiert werden. Das Ziel sei es, eine ganze Staffel zu realisieren. Die Miniserie Interconnection wiederum befindet sich derzeit in der Postproduktion.

Ebenfalls gerade in der Postproduktion ist der erste Langspielfilm im Portfolio von Arkanum Pictures, welcher eine Kinoauswertung erhalten soll. Der Arbeitstitel: Blaue Flecken. Hierbei handelt es sich um den Abschlussfilm der Regisseurin Sarah Miro Fischer und den Produzentinnen Janna Fodor und Nina-Beyer Seel. Blaue Flecken ist eine Koproduktion der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) und Arkanum Pictures mit dem RBB und wird vom Medienboard Berlin-Brandenburg gefördert. Auf dem San Sebastián Film Festival wurde Blaue Flecken bereits mit dem “Work in Progress Award” (WIP Award) ausgezeichnet. Einer erfolgreichen Festivallaufbahn des Films, ebenso wie einem Kinostart steht nichts mehr im Weg. 

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Die Medientechnologien der Zukunft werden bereits heute angewendet – nicht nur im Entertainmentbereich sondern in den unterschiedlichsten Branchen. Für unseren MediaTech Hub Potsdam Blog sprechen wir einmal im Monat mit Tech-Enthusiast:innen, Unternehmer:innen und Forscher:innen und erzählen die Geschichten, die hinter ihren innovativen Geschäftsmodellen, Ideen, Projekten oder Kooperationen stecken.