DE / EN
Search
Close this search box.
Picture-Rolls-Royce
Picture-Rolls-Royce

VR bei Rolls Royce: Wie man Triebwerke testet, die noch gar nicht in Hardware existieren

Wer auf dem Weg von Berlin zu Rolls Royce nach Dahlewitz an der Endhaltestelle der S2 in Blankenfelde aussteigt, hat die Großstadt hinter sich gelassen. Nur die Flugzeuge am Himmel, die im nahen Schönefeld starten und landen, lassen die Nähe zu Berlin noch erahnen. Die multikulturelle Zusammensetzung der Menschen, die in Dahlewitz ankommen, fällt auf. Sie alle haben ein gemeinsames Ziel: Das 15 Bus-Minuten entfernte Rolls Royce Werk in Dahlewitz, das sich auf einem riesigen Gelände mit mehreren großen Hallen befindet. 2.800 Menschen aus 50 Nationen arbeiten dort. Gegründet wurde das Werk zum Triebwerksbau für Flugzeuge im Jahr 1990, gleich nach dem Mauerfall, als Joint Venture mit BMW. Zehn Jahre später zog sich BMW wieder zurück. Seither ist das Werk in Dahlewitz eine hundertprozentige Tochter von Rolls Royce in England. Einige der Triebwerke, die in Dahlewitz gebaut wurden, sind in den Flugzeugen verbaut, die jetzt über Dahlewitz fliegen.

Besuchermagnet bei Rolls Royce ist das Cave Automatic Virtual Environment (kurz CAVE), ein Raum, in den eine dreidimensionale Virtual Reality Welt projiziert wird. In dieser Form wurde er speziell für Dahlewitz entwickelt. Dort kann jeder – ohne das für Virtual Reality sonst übliche Head-Mounted-Display (HMD) – in virtuelle Welten eintauchen. Drei Wände und der Boden werden als Screen genutzt. Es gibt einen Master, der eine Masterbrille aufsetzt und einen Flystick in der Hand hält. Beide Geräte sind mit Motion Capture ausgestattet, also einem Tracking-System, das Bewegungen erfasst, um die Bilder, die man sieht, anpassen zu können. Weitere Teilnehmer brauchen nur eine 3D-Brille. Je näher sie dem Master folgen, desto ähnlicher ist ihre Wahrnehmung der des Masters. Gemeinsam mit der BTU Cottbus hat Rolls Royce dieses CAVE-System mit offenem Design von 2010 bis 2014 entwickelt. Zwei Jahre später, 2016, war der Raum einsatzbereit. Ingenieure können dort aktuelle Projektzustände präsentieren, aber auch in Kickoff-Meetings für neue Projekte einberufen. Ziel ist es, durch den Einsatz von Virtual Reality Geld und Zeit zu sparen. Ein neues Modell für ein komplettes Triebwerk aus der Ingenieurs-Datenbank kann in Dahlewitz in fünf bis sechs Stunden in ein Virtual Reality Modell umgewandelt und präsentiert werden. 

Entwicklungsingenieur Stephan Rogge erklärt: “Wir extrahieren die Daten für das Triebwerk einfach aus unserem System. Dort sind alle Bauteile definiert.” Schon Jahre bevor das erste Bauteil für ein Triebwerk in der Hardware hergestellt wird, kann so die Virtual Reality Version eines Triebwerks mit allen 27.000 Teilen von allen Seiten begutachtet werden, Fehler können früh und kostensparend identifiziert werden. Für die Neuentwicklung eines Hochleistungsgetriebes etwa mussten bestimmte Werkzeuge angefertigt werden. Bei der Visualisierung in Virtual Reality fiel auf, dass es Probleme mit einem Bauteil gab. Der Zulieferer konnte anpassen.

Besucher bekommen aktuell das Rolls Royce Triebwerk BR 725 als Virtual Reality Modell in Bonbonfarben gezeigt, das bereits im Einsatz ist. Jede Schraube, jede Unterlegscheibe ist vorhanden. Mit dem Flystick kann jedes einzelne der 27.000 Teile angefasst und verschoben werden. Das Modell kann von allen Seiten begutachtet werden. Wer will, steckt seinen Kopf durch die Öffnungen ins Innere. Wenn Einzelteile allerdings nicht durch Öffnungen passen, durchdringen sie einfach das andere Material. An einem Modell, das blockiert, wenn etwas nicht durch Öffnungen passt, wird noch gearbeitet. “Virtuell kann man zum Glück wenig kaputt machen”, lacht Stephan Rogge. 

Bisher ist es noch keine Pflicht für Ingenieure, Virtual Reality für ihre Projekte zu nutzen. “Künftig soll der Einsatz bei uns aber fester Prozessbestandteil werden”, sagt Pressesprecher Stefan Wriege. “Wir wollen damit überall die Arbeitsprozesse beschleunigen”. Wie lange das noch genau dauert, kann er nicht sagen. Er geht von einigen Monaten aus.

Von Eva Werner (Ersterscheinung im UNFOLD Magazin)

UNFOLD Magazin:
Mehr über Medientechnologien aus Potsdam gibt es auch auf 178 Seiten im UNFOLD Magazin. Hier lesen oder bei uns ein kostenloses Exemplar bestellen.

Mehr Blogbeiträge gibt es hier.

Mehr über den MTH Blog

Die Medientechnologien der Zukunft werden bereits heute angewendet – nicht nur im Entertainmentbereich sondern in den unterschiedlichsten Branchen. Für unseren MediaTech Hub Potsdam Blog sprechen wir einmal im Monat mit Tech-Enthusiast:innen, Unternehmer:innen und Forscher:innen und erzählen die Geschichten, die hinter ihren innovativen Geschäftsmodellen, Ideen, Projekten oder Kooperationen stecken.