Wie freque die Arbeitsprozesse der Filmmusik revolutioniert
Was wäre Der Pate ohne das traurig-schöne Walzer-Thema, Psycho ohne die berühmte Schockermusik zur Duschszene oder Pulp Fiction ohne den eklektischen Sampler aus Soulklassikern, Rock’n‘Roll und Surfmusik? Musik ist für Filme und die Emotionen, die sie vermitteln, ein wichtiger Bestandteil. Aber wie findet sich der perfekte Soundtrack? Filmteams stehen dabei oft vor der Herausforderung, sich durch zahlreiche Song-Optionen zu klicken, diese testweise den Bildern zu unterlegen und in aufwendigen Absprachen eine Auswahl zu treffen. Im nächsten Schritt muss die Lizenzierung angefragt und Rechte eingeholt werden.
Das MediaTech Hub Accelerator Startup freque hat eine Lösung entwickelt, die die zeitraubenden und umständlichen Arbeitsschritte vereinfacht und den kreativen Prozess ankurbelt. Als erster Anbieter der Welt erlaubt es ihre Plattform den Filmschaffenden, jede Art von Musik direkt zu integrieren, mit Filmausschnitten zu kombinieren, das Team über die Auswahl bestimmen zu lassen und zu lizenzieren. Der Bedarf für das Programm klingt so eindeutig, dass es verwundert, wie umständlich Filmteams momentan noch arbeiten. Justin Michael la Valle, Co-Founder, Managing Director und selbst Filmkomponist, erklärt: „Filmsoftware wird oft von Leuten aus dem Filmbusiness entwickelt. Musiksoftware kommt von Leuten aus dem Musikbusiness. Die Schnittstelle von beiden Branchen wird nicht so oft bedient. Die Innovation findet typischerweise auf der einen oder der anderen Seite statt. Wir verbinden beides.“
Eine Lösung statt fünf verschiedener Plattformen
Denn in der Postproduktion ist die passende Musikauswahl oft ein laufender Prozess über diverse digitale Tools, an dem mehrere Teammitglieder beteiligt sind. Auf einer Video-Plattform wie Vimeo werden Filmsequenzen hochgeladen, auf einer anderen Musik-Plattform wie Spotify eine Songliste mit bis zu 70 Titeln geteilt oder von den einzelnen Mitgliedern des Filmteams wie Regisseur:in, Filmeditor:in oder Agenturen zusammengestellt und vorgeschlagen. Im Anschluss gehen zahlreiche Mails hin und her, welche Stücke vom Team favorisiert werden. Eine kleine Auswahl von Titeln geht dann an Video-Editor:innen, die sie unter die entsprechenden Filmsequenzen legen, exportieren und die Dateien dem Team zurückspielen. Unter den nun mit der Musik optimal geschnittenen und hinterlegten Sequenzen muss nun die letztendliche Version ausgewählt werden, die es in den Film schafft. Ist das entschieden, werden Musikkataloge überprüft und die entsprechenden Rechte angefragt oder eingeholt. Ist das Stück nicht verfügbar oder zu teuer, geht die Suche nach einem ähnlichen Stück los. Filmschaffende nutzen für ihren Kommunikationsprozess so bis zu fünf verschiedene Plattformen sowie Mailabstimmungen.
„Als Menschen sind wir sehr visuelle Wesen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Visuellen, auch bei Filmschaffenden. Die Audioproduktion wird oft nebensächlich behandelt. In der Arbeitsphase der Teams ist es oft üblich, dass die Musik auf die letzte Minute entschieden wird. Komponist:innen werden beauftragt, wenn der Film schon fast fertig ist. Und dann gehen bei der Entscheidung die Meinungen oft sehr weit auseinander. Im Visuellen finden wir schneller Übereinstimmungen.“, so Co-Founder, Tobias Wagner, ebenfalls Komponist und Managing Director von freque. Hier setzt freque an, indem das Tool das kollaborative Arbeiten bestmöglich unterstützt und den kreativen Prozess fördert.
Von Musikkomposition zu Tech-Unternehmen
Beide Gründer kennen sich noch aus ihrer Zeit an der New Yorker Manhattan School of Music und haben lange als Komponisten und Music-Producer für TV-Shows, Werbespots oder Filme gearbeitet. Die umständliche Arbeitsweise hat sie dabei schon lange gestört. Nach einem gemeinsamen Filmdreh in Grönland verlängerten sie durch Zufall die gemeinsame Zeit in Berlin und entwickelten von dort aus die Idee von freque. Neben den beiden Managing Directors sind KI-Experte Stephan Baumann, der am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz forscht und Technology Officer Paolo Galli mit im Gründungsteam. In Potsdam durchlief das Team erfolgreich den MediaTech Hub Accelerator und knüpfte wichtige Kontakte zu anderen Tech-Gründer:innen sowie der Filmbranche.
Eine besondere Herausforderung in der Entwicklung lag im Interface-Design. Es wurde so gestaltet, dass jede Art von Feedback aus dem Team auch sofort nachvollziehbar ist und sich leicht den verschiedenen Songversionen zuordnen lässt, ohne durch lange Konversationen zu scrollen. „Die Bedienung funktioniert intuitiv. Musik wird per Drag und Drop eingefügt. Wir wollen freque so einfach und leicht zugänglich wie möglich halten, damit alle sofort damit arbeiten können, während im Hintergrund sehr komplexe Prozesse zusammengeführt werden. Das ist die technische Herausforderung.“, so die beiden Gründer. Ob Musikauswahl für Hollywoodfilme, die Vorabendserie, Werbeclips, Influencervideos oder Youtube-Produktionen: Filmschaffende ebenso wie Unternehmen profitieren von der unkomplizierten Bedienung und den Möglichkeiten, die eine integrierte Lizenzierung der Songs bietet. In der Postproduktion startet die Auswahl typischerweise oft damit, dass Teammitglieder Lieblingssongs und sehr bekannte Stücke vorschlagen, um Tempo, Genre oder Stimmung zu testen. Hits von Rolling Stones, Beyoncé, Moby oder ähnlichen Größen sind dann aber schlichtweg unbezahlbar oder die Rechte werden nicht vergeben. Um auf Basis der angedachten Songs ähnlich klingende Musik vorzuschlagen, arbeitet freque mit künstlicher Intelligenz. Zukünftig wird dort alles aus einer Hand laufen und die Rechte an den Musikstücken direkt über freque verfügbar gemacht werden. Mit Chief Licensing Officer Corinna C. Poeszus, haben sie dafür jemanden im Team, die über 30 Jahre internationale Erfahrung bei großen Musiklabels und Medienunternehmen verfügt. Die Möglichkeit, alle Musikkataloge nach dem richtigen Musikstück sowie der dazugehörigen Lizenzierung anzubieten, ist weltweit die erste Lösung in einem Tool dieser Art.
Im Mai wird die Beta-Version veröffentlicht und freque steht vor dem aufregendsten Jahr bisher – dem Markteintritt. Als Teilnehmende des German Pavillon mit der Digital Hub Initiative auf der South by Southwest, der Kreativmesse für die Digital-, Musik- und Filmbranche in Austin/Texas, präsentierte sich freque dem Messepublikum im Stundentakt und konnte sich über das positive Feedback von Investoren und ihrer Hauptzielgruppe, den Filmschaffenden aus aller Welt, freuen.
„Schließlich verbinden wir in Bezug auf Musik „die Lieferkette“ das erste Mal direkt mit „der Quelle“, fasst es Justin Michael La Vallee zusammen. Mit dem Markteinstieg in diesem Jahr geht freque international. Die ersten Adressaten sind aus Deutschland und Hollywood.
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