Filmwerte bietet mit filmfriend.de eine besondere Streamingplattform an und nimmt jetzt auch den amerikanischen Markt ins Visier
Unbegrenzt aus einer Auswahl sorgfältig kuratierter, europäischer Filme streamen und das für nur 10 Euro im Jahr? Das Potsdamer Unternehmen filmwerte hat mit filmfriend.de ein Filmportal geschaffen, dass das Angebot von öffentlichen Bibliotheken erweitert. „Wir sind das Netflix für Bibliotheksnutzende – mit leicht anderem Programmangebot.“, so Benoît Calvez, der bei filmwerte für Lizenzen und Redaktion zuständig ist und als CEO der amerikanischen Tochterfirma myfilmfriend.com den nordamerikanischen Markt betreut. In Deutschland, Österreich, Schweiz, Belgien oder Luxemburg sind das mittlerweile mehr als 800 Bibliotheken darin eingebunden. Wer also wie in Berlin eine Jahreskarte der öffentlichen Bibliotheken für 10 Euro besitzt (in Potsdam für 19 Euro jährlich), kann bequem und von zuhause auf das Angebot von mehr als 5.000 Filmen zugreifen. Der Berliner Verbund der öffentlichen Bibliothek VÖBB war zugleich auch der erste Kooperationspartner, als filmfriend von Potsdam aus im Jahr 2017 startete.
Handverlesene Filme des europäischen Kinos
Um für alle einen optimalen Zugriff zu gewährleisten, hat filmwerte ein eigenes Video-On-Demand-System nach ihren Bedürfnissen entwickelt. Über eine Schnittstelle können sich die Bibliotheksnutzenden mit ihren Ausweisdaten entweder auf der Webseite ihres Bibliothekenverbundes oder direkt über www.filmfriend.de zuschalten. Hier lassen sich so einige Filmperlen entdecken, denn das Team von filmfriend kuratiert alle Filme, die auf der Plattform angeboten werden, sorgfältig und bereitet sie auch redaktionell auf. Für jede Kategorie gibt es im Team Spezialist:innen. Im Dokumentarfilmbereich arbeitet filmfriend mit einer Dokumentarfilmproduzentin zusammen, der Kids-Bereich wird von einem ehemaligen Redakteur aus dem Filmdienst mit Schwerpunkt Kinderfilm/besonderer Kinderfilm bestückt.
Im Juni, zum weltweiten Pride-Month, empfahl die Startseite handverlesene LGBTIQ+-Filme zu queerem Kino, darunter etwa das französische Filmdrama „120 BPM“, der auf Rotten Tomatoes 99 Prozent positive Kritiken erzielte und dort zu einem der zehn besten LGBTQ+-Filme aller Zeiten zählt. Aber auch die aber international bekannten Dramen wie „Dallas Buyers Club“ oder „Blau ist eine warme Farbe“ zählen zur Auswahl.
Wer Entscheidungsschwierigkeiten bei der Filmauswahl hat, dem helfen so ungewöhnliche Kategorien wie „Lateinamerika Reise“, „Natur vor der Haustür“, „We love New York“ oder „Filme übers Filmen“, um Neues für sich zu entdecken. „Wir lizensieren nicht alles und bieten auch nicht alles an – das macht für uns keinen Sinn. Wir legen viel Wert auf das Kuratieren der Plattform und suchen die Filme sorgfältig aus. Dabei gehen wir auch auf Anregungen der Bibliotheken ein und stellen so zum Beispiel für geplante Ausstellungen oder ein Jubiläum wie kürzlich das der Sesamstraße eigene Film-Kategorien bereit.“, so Benoît Calvez. Aktuell habe man über 200 Lizenzgeber:innen. „Sie arbeiten gerne mit uns zusammen, weil sie wissen, dass wir die Filme genau begutachten und redaktionell auf der Plattform hervorheben.“
Eine Streaming-Lösung für viele Plattformen
Dank der technischen White-Label Lösung für Video-Streaming bietet filmwerte nicht nur die Plattform filmfriend an, sondern stellt das Produkt auch als Streaming-Lösung für Filmfestivals und kommunale Kinos bereit. Cinema Lovers war so ein Projekt. Hier boten Kinos während der Pandemie die Neuerscheinungen direkt für zuhause an. Nun sind die Häuser wieder geöffnet und viele Kinos führen das Streamingerlebnis fort – u.a. um ihren Stammkund:innen einen fünften oder sechsten digitalen Kinosaal zur Verfügung zu stellen. Läuft etwa der aktuelle Tarantino könne man zusätzlich die bisherigen Filme des Regisseurs anbieten. Auch der deutsche Schiedsrichterverband ist Kunde von filmwerte und bildet seinen Nachwuchs über Videos aus, auf die man von zuhause aus zugreifen kann.
Als Plattform sei man für Bibliotheken die Nummer 1 in Deutschland. „Man kann auch sagen, wir begleiten die Bibliotheken bei der Digitalisierung. Früher wurden dort viele DVDs und Blue-rays geliehen, heute sind alle an Streaming und den sofortigen Zugriff gewöhnt. Diesen Service übernehmen wir für die Bibliotheken.“ Dabei besetzt filmfriend eine schöne Nische, denn sie haben sich stark auf das europäische Independent Kino ausgerichtet, für das es im Plattformangebot wenige Alternativen gibt. Man sehe sich nicht in einer Reihe mit Megakonzernen wie Amazon und Netflix, sondern verfolge als Deutsche Firma ein sehr eigenes Konzept und Streamingangebot.
Filmfriend goes America
Der Erfolg und die Resonanz in Europa geben ihnen recht. Weshalb nun der nordamerikanische Markt in den Blick von Filmwerte gerückt ist. Auch das Gespräch für den MediaTech Hub Blog führt Benoît Calvez von New York aus. Dort ist er gerade auf Zwischenstation für einige Termine bevor er nach Chicago auf die American Library Association Annual Conference geht – der größten Messe dieser Art in den USA. „Wir kommen in Europa schnell voran und in Nordamerika gibt es einen starken Bedarf für europäische Produkte und Filme.“, so Calvez. Bibliotheken in den USA und Kanada seien außerdem eine richtige Institution dort. Im Vergleich zu Deutschland, wo etwa 10 Prozent über einen Bibliotheksausweis verfügen, sind es dort 53 Prozent – viel Potenzial also. Auf dem für Nordamerika aufgesetzten myfilmfriend.com können europäische Lizenzgeber:innen ihre Filme anbieten und damit für zusätzliche Verbreitung sorgen.
Der erste Kontakt zum amerikanischen Markt kam über eine Delegation mit dem MediaTech Hub im März 2023 zustande. Während der South by Southwest Conference (SXSW) in Austin/Texas besuchten die Teilnehmenden aus dem Hub Inkubatoren, Startups und die Digitalszene vor Ort. Die Kontakte und Gespräche beschreibt Calvez als so inspirierend und überzeugend, dass man sich im Anschluss für einen Standort der amerikanischen Tochtergesellschaft in Austin entschieden habe. Hier könne man die Fühler in der Stadt auszustrecken, die als das nächste große Ökosystem für Tech- und Medienzentrum nach Silicon Valley gilt. Firmen wie Tesla oder Dell haben ihren Firmensitz dort und die weitaus günstigeren Mieten und der Innovationsgeist ziehen reihenweise Startups in die texanische Metropole.
„Auch dort sind wir stolz auf unsere Herkunft Potsdam. Wir punkten mit dem Standort Babelsberg, einem der europäischen Kompetenzzentren für Film und Medientechnologien. Und wir bringen europäischen Content dorthin. Wer also mit uns in diesem Bereich zusammenarbeiten möchte: Wir sind immer auf der Suche nach gutem Material“ richtet Calvez seinen Aufruf an die Verleiher.
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Die Medientechnologien der Zukunft werden bereits heute angewendet – nicht nur im Entertainmentbereich sondern in den unterschiedlichsten Branchen. Für unseren MediaTech Hub Potsdam Blog sprechen wir einmal im Monat mit Tech-Enthusiast:innen, Unternehmer:innen und Forscher:innen und erzählen die Geschichten, die hinter ihren innovativen Geschäftsmodellen, Ideen, Projekten oder Kooperationen stecken.