Drehstarts, Reform der Filmförderung und Filme als starker Wirtschaftsfaktor – Ein Blick auf 2024
Glamour, Kreative und Konflikte – die diesjährige Berlinale fand in politisch schwierigen Zeiten statt und ging mit umstrittenen Äußerungen zum Nahostkonflikt während der Preisverleihungsgala viel diskutiert zu Ende. Davor aber bekamen die Festivalbesuchenden an 10 Tagen eine große Bandbreite an Filmen zusehen. Regisseurin Mati Diop durfte den goldenen Bären für ihre Dokumentation Dahomey mit antikolonialistischer Botschaft in Empfang nehmen. Neben dem Schaulaufen der internationalen Filmbranche mit Gäst:innen wie Martin Scorsese, Jury-Präsidentin Lupita Nyong’o, Cillian Murphy oder Isabelle Huppert warf die Berlinale ihr Spotlight außerdem auf die Filmwirtschaft hier in der Hauptstadtregion. Matthias Glasners Sterben erhielt den Silbernen Bären für das Beste Drehbuch. Und der Film des Potsdamer Regisseurs Andreas Dresen In Liebe, Eure Hilde über die Widerstandskämpferin Hilde Coppi feierte als Wettbewerbsbeitrag während der Berlinale Weltpremiere.
So war es auch diesmal ein gesetzter Termin, dass sich das Filmland Brandenburg auf der Berlinale präsentierte. Im vergangenen Jahr wurden für 100 Film- und Fernsehproduktionen im Land Brandenburg gedreht. Dr. Ballouz, Browser Ballett, Doppelhaushälfte, GZSZ, Löwenzahn, Polizeiruf, In Gottes Namen, die zweite Staffel von Kleo, Fritzie – Der Himmel muss warten: Wer wissen möchte, welche Filme und Serien im vergangenen Jahr wo gedreht wurden, kann sich durch die Drehlandkarte 2023 scrollen.
Filmproduktion im Wettbewerb um Standort und Fördermittel
„Die Filmproduktionsbranche konzentriert sich zwar in und um Potsdam, aber die Effekte einer erfolgreichen Medienlandschaft sind im ganzen Land zu spüren. Ich freue mich, dass Brandenburg nach wie vor ein national und international bedeutender Filmstandort ist, dessen vielfältige Drehmöglichkeiten regelmäßig von Branchengrößen genutzt werden. So profitieren inzwischen alle Regionen des Landes davon“, sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach.
In seiner Ansprache plädierte Steinbach auch für das Gelingen der Filmförderreform. Das aktuelle Gesetz läuft Ende 2024 aus. Bisher fehlen Steueranreize. Filmproduktionen wandern aufgrund niedriger Produktions- und Personalkosten sowie guter Filmförderkonzepte nach Budapest, Prag oder den Studios in London ab. Nicht nur das Filmland Brandenburg, sondern bundesweit braucht es ein konkurrenzfähiges Konzept. Dass die Reform dringend notwendig ist, weiß auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Die vorherige Förderung wird wegen ihrer übermäßigen Bürokratie, mangelnden Effizienz, begrenzten Mittel und zahlreichen Auflagen kritisiert.
Roth stellte zwei Tage vor Beginn der Berlinale den nun ausgearbeiteten Reformentwurf vor. Die drei Hauptelemente darin: Die Filmförderung wird zukünftig zentral von der Filmförderungsanstalt FFA verwaltet, es gibt Investitionsverpflichtungen für Drehteams und Steueranreize. Jetzt stehen Verhandlungen mit den Ländern an, aber noch unterstützen nicht alle Länder das Eckpunkte-Papier. Geplant ist, dass das neue Fördersystem Anfang 2025 in Kraft tritt.
Wirtschaftsfaktor Film
Wie erfolgreich die Filmförderung in der Hauptstadtregion war, zeigt der Rückblick des Medienboards zum 30-jährigen Bestehen der bisherigen Filmförderung. „Dass die Hauptstadtregion zum deutschen Filmstandort Nr. 1 und international zu einem der gefragtesten Drehorte geworden ist, ist zum einen der Kreativität der Filmemacher:innen und zum anderen der politischen und finanziellen Unterstützung der beiden Bundesländer zu verdanken“, so Kirsten Niehuus, Geschäftsführerin des Medienboard.
Allein bei der diesjährigen Berlinale sind 16 vom Medienboard geförderten Filme und Serien im offiziellen Programm vertreten gewesen. In drei Jahrzehnten wurden insgesamt 690 Millionen Euro an Fördermitteln vergeben, die wiederrum Ausgaben in Höhe von rund drei Milliarden Euro für Dreharbeiten in der Region nach sich gezogen haben – von deutschen preisgekrönten Filmen wie Good Bye, Lenin! und Das Leben der Anderen über internationale Publikumserfolge wie Homeland, Bridge of Spies, Grand Budapest Hotel oder Tribute von Panem. 15-mal pro Tag fällt nach Angaben des Medienboards die Filmklappe. Das rechnet sich mit 5,5-maligem Regionaleffekt: Jeder geförderte Euro generiert in der Region wiederrum eine 5,5 Mal so hohe Investition.
Studio Babelsberg nach Hollywood-Streiks im Aufschwung
Nach Streiks der US-Filmbranche sind auch auf dem Studiogelände in Babelsberg wieder die Dreharbeiten angelaufen. Andy Weltman, der Vorstandschef der Studio Babelsberg AG, wünscht sich die Reform der Filmförderung. Am Standort der Filmstudios Babelsberg hat der Streik der Drehbuchautor:innen und Schauspieler:innen im letzten Jahr Spuren hinterlassen, große Produktionen blieben aus. Für 2024 aber hat sich Hollywood mit dem neuen Film The Phoenician Scheme von Regisseur Wes Anderson oder dem Thriller Control mit Schauspieler James McAvoy angekündigt.
Aber auch Brandenburg selbst kann Kulisse – von der historischen Altstadt bis zum hippen Szeneviertel. „Nirgendwo sonst gibt es so viele unterschiedliche Motive so nah beieinander, dass man am selben Tag eine Badeszene am See‚ einen Brand im Studio und eine nächtliche Partyszene im Berliner Club drehen kann“, so Kirsten Niehuus. Und so kann sich die Hauptstadtregion auf die Drehteams von Regisseur Wolfgang Becker mit der Der Held der Friedrichstraße, Der Medicus 2 vom Philipp Stölzl oder Gelbe Briefe von İlker Çatak freuen. Letzterer geht mit seinem Film Das Lehrerzimmer gerade ins Rennen um den Oscar in der Kategorie „Bester internationaler Film“.
Filme sind in der Region ein Wirtschaftsfaktor, Jobmotor, Innovationstreiber – diese Expertise bündelt der MediaTech Hub Potsdam und unterstützt andere Branchen dabei, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Je medialer unser Leben, desto einflussreicher und innovativer die medialen Technologien in allen Bereichen.
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Die Medientechnologien der Zukunft werden bereits heute angewendet – nicht nur im Entertainmentbereich sondern in den unterschiedlichsten Branchen. Für unseren MediaTech Hub Potsdam Blog spricht Christine Lentz einmal im Monat mit Tech-Enthusiast:innen, Unternehmer:innen und Forscher:innen und erzählt die Geschichten, die hinter ihren innovativen Geschäftsmodellen, Ideen, Projekten oder Kooperationen stecken.