Das Potsdamer Unternehmen nxtBase gewinnt einen Preis nach dem anderen. Warum? Es bietet digitale, virtuelle Checklisten. Was aber macht nxtBase genau?
Kunden bekommen Datenbrillen, sogenannte Glasses, in die Unternehmen ihre Checklisten einstellen können, zum Beispiel solche zur Kontrolle von Flugzeugtüren oder von Bahnwaggons. Mit diesen Glasses können Lageristen, Monteure oder Servicetechniker digitale Listen Punkt für Punkt abarbeiten, mit freien Händen. “Wo kommt was hin?” “Ist es das richtige Bauteil?” “Wie ging das nochmal?” Die Brille hat auf all diese Fragen Antworten. Mit der Kamera kann zudem alles dokumentiert werden. Via WLAN können Mitarbeitern, die vor einer Maschine stehen, die unterschiedlichen Bauteile eingeblendet werden – inklusive Bezeichnungen. Wer etwa eine Tür eines Flugzeuges prüfen muss, mit hunderten von Bauteilen, dem teilt das Glass mit, was er in welcher Reihenfolge prüfen muss. Ist ein Teil in Ordnung, kommt der nächste Schritt. Wenn nicht, kann der Mitarbeiter Schritt für Schritt herausfinden, was nicht stimmt. Wenn er auf Pläne schauen würde, müsste er sich jedes Mal umdrehen. Und es gäbe auch keine Dokumentation, was er wie gemacht hat. “Diese Kontrolle ist für unsere Kunden – etwa in der Luft- und Raumfahrt oder Eisenbahn – wichtig”, sagt Jörg Jonas-Kops. “Das ist ja wie beim TÜV, das muss ein richtiger Check sein. Mit unserer Lösung weiß derjenige, der den Auftrag gegeben hat, wo der Prozess hakt.” Mit dem Glass kann zum Beispiel auch überprüft werden, ob ein Ersatzteil für das Teil, das ausgebaut werden muss, im Lager vorhanden ist oder bestellt werden muss.
Die Checklisten sind branchenübergreifend einsetzbar. “Das ist wie ein Teleprompter, mit dem ich aber noch sprechen kann, der Fragen beantwortet” sagt Jörg Jonas-Kops. “Ich kann mir Bilder und Videos und komplette Anleitungen ansehen. Dann kann ich entscheiden: Ist es gut oder ist es nicht gut?” Auch für den Onboarding-Prozess ist das SmartGlass hilfreich. Es zeigt neuen Mitarbeitern, was sie wie zu machen haben. Dazu kommt die Möglichkeit zum Remote-Support. Wenn etwa ein Mitarbeiter vor einem Schaltkasten steht, kann er von einem anderen Menschen, der irgendwo anders auf der Welt sitzt, angeleitet werden.
Wer nxtBase Lösungen testen will, kann das schnell und unkompliziert tun. Das geht innerhalb von 1 Tag. nxtBase liest einfach die Excel-Checkliste des Kunden ein und am nächsten Tag kann dieser bereits losgehen, und seine Checklisten sprachgesteuert abarbeiten. Die Kosten dafür halten sich im Rahmen. Ein Workshop ist im Preis inbegriffen. Der zweite Schritt und dritte Schritt sind dann individueller. Die Lösung kann an die Enterprise Resource Planning Software angedockt werden und Analysen können gefahren werden.
Auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung 2018 in Berlin gewann das Unternehmen zusammen mit seinem Kunden Premium Aerotec (eine 100% Airbus Tochter) den Innovationspreis der Deutschen Luftfahrt in der Kategorie „Industrie 4.0“ – und war dort 2019 sogar noch ein weiteres Mal im Finale. Zudem hat sich die Jury des MTH Accelerators gerade für nxtBase entschieden. Auch beim Forum Kiedrich Gründermarkt hat sich das Potsdamer Startup gerade gegen 70 andere Startups durchgesetzt und den Gründerpreis gewonnen. Außerdem läuft gerade unter anderem ein großes Forschungs- und Entwicklungsprojekt mit der Uni Potsdam, gefördert vom BMWi und nxtBase wurde von einer Jury aus Fraunhofer Venture, High Tech Gründerfond und VDI/VDE für den FMD Space des Fraunhofer Institutes ausgewählt. Nun entsteht ein Ultraschallsensor, der prüft, ob die Verklebung von Scheiben an Bahnen und Flugzeugen noch in Ordnung sind. Bisher muss man die Scheiben zertrümmern, um das zu sehen. Den Sensor kann nxtBase an sein System koppeln, sodass dann ein Ultraschallbild die Verklebung zeigt. “Das kann bisher noch niemand auf der Welt”, sagt Jörg Jonas-Kops. Damit kann dann ein weiterer Punkt auf der Bahnprüfungs-Checkliste abgehakt werden.
Zu den nxtBase Kunden zählen unter anderem die Schweizer Bahn SBB Cargo International, Hamburg Port Authority, MAN und die Deutsche Bahn, sowie Fujitsu, außerdem die Airbus-Tochter Premium Aerotec. Ein wichtiger Kooperationspartner ist Haenel, ein Marktführer für Lifte.
Das Büro im Gründer- und Technologiezentrum, liegt direkt neben dem Studio Babelsberg und in der Nähe zur Universität und zum Hasso-Plattner-Institut.MediaTech Hub. Im Studio Babelsberg sitzt Volucap, ein Unternehmen aus dem MediaTech Hub Potsdam, mit dem es bald eine Kooperation geben soll. Außerdem ist Jörg Jonas-Kops froh über die Nähe zur Universität Potsdam, mit der nxtBase mehrere Forschungsprojekte durchführt. Auch die Nähe zum Hasso Plattner Institut schätzt er.
Entstanden ist nxtBase übrigens, nachdem Jörg Jonas-Kops, der ursprünglich aus der Immobilienwirtschaft kommt, 2013 „Google Approved Sales Channel“ für die Google Glasses wurde, nachdem er vor Google pitchte. Er verkaufte rund 150 dieser Glasses. Auch der IT-Leiter von MAN meldete sich damals bei ihm. Er wollte die Glasses – und gleich eine passende Applikation dazu. Als es tatsächlich zu dem Projekt kam, kündigte Jonas-Kops seinen alten Job – um sich ganz der neuen Aufgabe zu widmen. Er dockte Google Glass an SAP, was damals noch ein Novum war. Ein Freund riet dem Kölner, die Firma gleich in Potsdam zu gründen – auch wegen der EFRE Förderung der ILB. Jörg Jonas-Kops folgte dem Rat – und ist seither fest im MediaTech Hub Potsdam Kosmos verankert.
von Eva Werner
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