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@ Benjamin Maltry

KI in der Kreativbranche: Potsdam diskutiert Praxis, Tools und Verantwortung   

KI-Konferenz 2025 in Potsdam: Aus Experiment wird Praxis 

Am 11. Dezember 2025 fand von 11:45 bis 20:00 Uhr im Brandenburg Museum für Zukunft, Gegenwart und Geschichte die Konferenz „Kultur- und Kreativwirtschaft im Zeitalter der KI: Aus Experiment wird Praxis“ statt. Im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Energie & Klimaschutz (MWAEK) des Landes Brandenburg brachte die Veranstaltung Kreativschaffende, Start-ups, Expert:innen und Interessierte zusammen, um aktuelle Entwicklungen, Chancen und Herausforderungen von Künstlicher Intelligenz in der Kultur- und Kreativbranche zu diskutieren. Die Konferenz war innerhalb von zwei Tagen vollständig ausgebucht – ein deutliches Signal für die Relevanz des Themas in Brandenburg und darüber hinaus. 

Stimmen aus der Praxis: „Next Level Creativity“ 

Den Auftakt bildete die Diskussionsrunde „Next Level Creativity – Wie KI die Kultur- und Kreativbranche verändert“, moderiert von Katja Dietrich-Kröck (MWAEK). Auf dem Podium diskutierten Jasdan Joerges (GuidePilot/MicroMovie), Anke Salomon (Design), Michael Boden (Subway to Sally), Katrin Reiling (TEXT FÜR ALLE) und Jan Gabbert (buchstabenschubser). 

Im Zentrum standen sehr konkrete Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag: KI als Impulsgeber, Beschleuniger und Recherchehilfe, aber auch als Tool mit Grenzen. Besonders greifbar wurde die Spannbreite zwischen Experimentierfreude und Skepsis: 

  • In der Textarbeit zeigte sich KI als nützlich, etwa für Pressetexte, Ideenskizzen und das Lösen kreativer Blockaden. Gleichzeitig wurde betont, dass beim Kürzen oder Verdichten inhaltlich komplexer Texte Fehler und Unzuverlässigkeiten entstehen können und menschliche Kontrolle zentral bleibt. 
  • In Gestaltung und Produktentwicklung wurde KI vor allem dort als stark beschrieben, wo es um Visualisierung und Rendering geht. Sobald es jedoch um Konzept, das Einfühlen in die Kunden und echte Innovation geht, stößt KI aus Sicht der Praxis schnell an Grenzen. 
  • Im Bereich Film und Medien wurde deutlich, dass KI ein Werkzeug je nach Gewerk ist: hilfreich bei bestimmten Routinen, weniger überzeugend bei spezifischen Bildwelten oder fein abgestimmter Ton-/Sprachgestaltung. 
  • Auch im Musikbereich wurde diskutiert, dass KI vor allem in Gebrauchs- und Popmusik die Industrie umwälzen kann, gleichzeitig aber Live-Performance und menschliche Präsenz nicht ersetzbar sind. 

Keynote: „Hyper-Realität 2.0“ – Generative KI im Sprung von 2024 zu 2025 

Im anschließenden Vortrag „Hyper-Realität 2.0: Der Sprung der Generativen KI von 2024 zu 2025“ gab Jacques Alomo (creamlabs AI) einen präzisen Überblick über die Dynamik multimodaler Systeme. Er ordnete ein, wie Tools wie OpenAI Sora, Google Veo 3 oder Runway Gen-4 die Produktion von Bild, Video und Audio beschleunigen, und warum sich die Debatte zunehmend von „Geht das eigentlich?“ hin zu Steuerung, Präzision und narrativer Komplexität verschiebt. 

Ein zentrales Take-away: KI ist nicht „der Hammer für jeden Nagel“. Wer sie wirksam einsetzen will, muss Use Cases klar definieren, Workflows verstehen und flexibel bleiben. Dazu gehörte auch der Hinweis, sich nicht an ein einzelnes Modell zu binden, sondern „modell-agnostisch“ zu denken und Qualität laufend zu vergleichen (z. B. via Blindtests). 

Hands-on am Nachmittag: Drei Praxis-Workshops 

Am Nachmittag wurde es konkret: In drei parallelen Workshops erprobten die Teilnehmenden KI-Tools entlang echter Anwendungsfälle: 

  1. Erstellung einer Marketingkampagne (von Text über Visuals bis zu Social Assets) 
  1. Erstellung von Designentwürfen (Iterationen, Varianten, schnelle Visualisierung) 
  1. Erstellung eines Storyboards für Film- und Theaterprojekte (auch mit eigenen Szenen) 

Trotz unterschiedlicher Vorkenntnisse entstand schnell eine gemeinsame Arbeitsroutine. Innerhalb von zwei Stunden wurden hochwertige Ergebnisse produziert, die von kompletten Marketingkampagnen bis zu Storyboard-Elementen und animierten Konzepten reichten. Deutlich wurde: Gute Resultate hängen stark davon ab, wie klar Aufgaben formuliert werden. „Prompts“ funktionieren am besten, wenn sie so präzise sind, als würde man sie einem Menschen als Briefing geben. 

Recht, Ethik und Verantwortung: „KI ohne Grenzen?“ 

Am späten Nachmittag folgte die Diskussionsrunde KI ohne Grenzen? Recht, Ethik und Verantwortung in der Kreativbranche“, moderiert von Sascha Friesike (Weizenbaum-Institut). Katharina Uppenbrink (Initiative Urheberrecht) und Prof. Dr. Christian Czychowski (NORDEMANN) beleuchteten, was aktuelle Entwicklungen rund um Regularien wie den EU AI Act, Transparenzpflichten, geistiges Eigentum, Vergütung und Haftung für die Kreativpraxis bedeuten. 

Im Fokus standen dabei zwei Perspektiven, die häufig vermischt werden, in der Praxis aber getrennt betrachtet werden müssen: 

  • Input-Fragen: Darf mein kreatives Produkt als Trainingsmaterial genutzt werden, wie werden Kreative für ihre Arbeit vergütet, wie lassen sich Lizenzmodelle gestalten? 
  • Output-Fragen: Wann ist ein kreatives Ergebnis noch urheberrechtlich geschützt, wie hoch muss der menschliche Beitrag sein, und wer haftet bei Konflikten? 

Ein praktischer Appell aus der Runde: Verträge prüfen, KI-Klauseln ernst nehmen, und als Branche stärker in den Dialog mit Politik und Verbänden gehen, damit Regulierung wirksam und realitätsnah gestaltet werden kann. 

Ergebnisse, Ausklang und Fazit 

Den Abschluss bildete die Präsentation der Workshopergebnisse. Hier zeigten die Teilnehmenden u. a. ein Spendenaufrufvideo mit Social-Media-Kampagne, schnelle Produktvisualisierungen (z. B. Konzeptideen im Produktdesign) sowie Skript-, Storyboard- und Filmbausteine für kreative Stoffe.  

Beim anschließenden Networking wurde sichtbar, was die Konferenz insgesamt geprägt hat: KI ist längst in kreativen Workflows angekommen, aber gleichzeitig bleiben Fragen zu Qualität, ethischer Verantwortung, fairer Vergütung und Konsequenzen für die kulturelle Vielfalt zentral. 

Einige Impressionen (Bildrechte: Benjamin Maltry):