Seit März dieses Jahres – also seit etwa einem halben Jahr – ist Sarah Luisa Thiele die neue Standortleiterin am Medieninnovationszentrum Babelsberg (MIZ). Wir haben mit ihr über ihren bisherigen Werdegang, ihre Visionen für das MIZ sowie ihre Wünsche für den Medienstandort Babelsberg gesprochen.
MTH Potsdam:
Hallo Luisa, schön, dass du dir Zeit für das Gespräch genommen hast. Vielleicht magst du dich zu Beginn einmal kurz vorstellen. Also wer bist du, wo kommst du her und was waren deine bisherigen Stationen?
Sarah Luisa Thiele:
Mein Name ist Sarah Luisa Thiele, ich bin Standortleiterin des Medieninnovationszentrums Babelsberg (MIZ) und gebürtige Brandenburgerin: Ich bin hier geboren, aufgewachsen, in Bad Belzig zur Schule gegangen und habe meine Teenagerjahre im beschaulichen Fläming verbracht.
Als 18-Jährige konnte ich jedoch der „Beschaulichkeit“ und der „Ruhe“ des Landlebens nicht wirklich etwas abgewinnen. Im Gegenteil: Ich wollte raus – raus aus der Mark Brandenburg, rein in die Welt. Nach meinem Abitur bin ich nach London gegangen und habe dort erste Berufserfahrungen bei einem Verlag sammeln können. Das war für mich unglaublich aufregend: Auf einmal war ich mittendrin statt nur dabei: Pressereisen, Interviews, Fotoshootings. Für mich war das zunächst alles wie ein Fiebertraum. Doch schnell realisierte ich: Ich will mehr davon.
Als ich nach meiner aufregenden Zeit in London zurückgekehrte, stand fest: Ich will zum Fernsehen. Also habe ich mich dafür entschieden, Fernsehjournalismus zu studieren, damals an der Medienakademie Berlin und an der Hochschule Mittweida.
In dieser Zeit habe ich viel Praxiserfahrung sammeln können: eine Hospitanz bei der Talkshow Maybritt lllner, ein Praktikum bei den Fernsehmachern (Talkshow, Markus Lanz) in Hamburg sowie bei einer Journalistin in Los Angeles, eine Freie Mitarbeit bei der Produktionsfirma Story House Productions in Berlin – ich habe viele Erfahrungen sammeln und mir ein gutes Netzwerk aufbauen können.
Danach ging es für mich zur UFA, mein erster fester Job – ich war so stolz. Es folgten weitere Redaktions- und Dreherfahrungen. Doch irgendwann stand für mich fest: Ich will mehr – und zwar, mehr das „dahinter“ verstehen.
Mein Weg führte mich zur Hamburg Media School, ich studierte Medienmanagement und lernte in diesem Rahmen weitere spannende Medienmacher:innen kennen. Mein Netzwerk wuchs, und damit auch die Möglichkeiten. 2017 habe ich mit meinem damaligen Kommilitonen Eugen Gross und Alexander Koleski das KI-Startup aiconix aufgebaut. Das war eine sehr aufregende und prägende Zeit für mich – ich beschäftigte mich zum ersten Mal tiefergehend mit dem Thema KI und war gleichzeitig mit den Hochs und Tiefs des Startup-Lebens konfrontiert.
Mit all diesen Erfahrungen im Gepäck startete ich im Folgejahr in Richtung Bangkok und arbeite für das dort ansässige Goethe-Institut im Bereich Kulturprogramme. Ich leitete ein überregionales Projekt, das mich mit den Menschen vor Ort in engen Austausch gebracht hat – eine unvergessliche Zeit, die ich nicht missen möchte.
Als ich dann aber wieder nach Deutschland zurückkehrte, stand die große Frage im Raum: „Und was jetzt?“
Auf die Frage folgte schnell die Antwort: „MIZ Babelsberg“. Ich beriet das MIZ anfänglich zum Thema „Künstliche Intelligenz im Journalismus“, später folgte die Anstellung als Co-Leiterin des Innovationstransfers, zusammen mit meinem Kollegen Moritz Demmig konzipierten wir rund um das Thema neue Veranstaltungen, digitale Formate auf Social Media und einen Podcast. Die Leitung des MIZ legte damals viel Vertrauen in unsere Hände. Wir konnten viel ausprobieren und realisieren – ein unglaubliches Geschenk.
Der Schritt, mich anschließend auf die Stelle als Büroleitung der Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) zu bewerben, eröffnete mir eine bis dato ganz neue Welt: Die Welt der Medienpolitik. Durch meine Chefin, Dr. Eva Flecken, habe ich unwahrscheinlich viel in diesem Bereich gelernt, aber auch in puncto strategisches Denken und Führungsverantwortung. Sie hat mich während meiner Tätigkeit in der mabb mit den passenden „Werkzeugen“ ausgestattet, was mich auf meine jetzige Position sehr gut vorbereitet hat, sowie für meinen weiteren Weg. Ich bin ihr sehr dankbar dafür.
MTH Potsdam:
Wie kam es denn für dich zu der Entscheidung, dass du dich beim MIZ um die Position der Standortleitung beworben hast?
Sarah Luisa Thiele:
Ich glaube, dass jeder Job seine Zeit hat. Mir ist es wichtig, dass ich fortlaufend dazulernen kann. Wenn mich dann langsam, aber sicher das leise Gefühl beschleicht, dass ich gar nicht mehr so viel Neues lernen kann, dann schaue ich nach Möglichkeiten der Weiterentwicklung. Stillstand ist keine Option für mich. Was die Stelle der Standortleitung angeht, so war es Fügung, dass genau zu diesem Zeitpunkt diese Stelle ausgeschrieben wurde.
MTH Potsdam:
Du bist jetzt seit März dieses Jahres Standortleiterin. Wie waren die ersten Wochen für dich?
Sarah Luisa Thiele:
Aufregend. Es ist zwar immer aufregend, wenn man einen neuen Job antritt, aber als Standortleiterin eines Unternehmens steht man nochmal anders im Fokus. Das habe ich schnell gemerkt und bin mir der damit verbundenen Verantwortung sehr bewusst.
Zwar liegt es in meiner Natur in neuen Projekten oder Jobs gleich los zu legen und meine Ideen einbringen zu wollen, doch habe ich mir in diesem Job bewusst Zeit genommen, erst einmal mit allen Mitarbeitenden ins Gespräch zu gehen, um zu erfahren, wo jede und jeder Einzelne steht und was ihre Visionen für die jeweiligen Projekte sind. Das hat bei der weiteren Planung und Umsetzung von den Projekten sehr geholfen.
MTH Potsdam:
Welche Fähigkeiten und Stärken kannst du als Standortleiterin mit einbringen, um das Team des MIZ bestmöglich zu unterstützen?
Sarah Luisa Thiele:
Bei all den Visionen und Ideen, die wir für das MIZ haben, ist es wichtig, den Überblick zu behalten und irgendwann einen „Punkt“ zu setzen. Ich glaube, dass ich das sehr gut kann. Ich bin sehr gut strukturiert und organisiert.
Außerdem bin ich eine große Optimistin. Ich habe zu Beginn meines neuen Jobs ein Bild im MIZ aufgehangen. Darauf steht: “And What If It Works.“ Das ist mein Leitspruch und mittlerweile der des Teams. Wenn wir neue Ideen entwickeln und Projekte präsentieren, haben wir diesen Gedanken im Kopf ‘Was wäre, wenn es jetzt wirklich funktioniert?’.
MTH Potsdam:
Was sind deine Ideen und Visionen für das MIZ?
Sarah Luisa Thiele:
Was das MIZ meiner Meinung nach ausmacht, sind in erster Linie die Menschen, die im MIZ arbeiten und ihre Projektideen entwickeln. Mein Ziel ist es, für all diese die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sie ihr volles Potential entwickeln können.
Außerdem müssen wir meiner Ansicht nach das Thema „Veranstaltungen“ neu denken: Wir können nicht mehr davon ausgehen, dass die Leute zu ins MIZ für unsere Events kommen, sondern wir sollten vielmehr den Ansatz verfolgen: Wir gehen mit unseren Events und Projekten dorthin, wo die Zielgruppe ist.
Das beste Beispiel hierfür ist unser mobiler Escape Room, der AI.CUBE. Mit diesem wollen wir KI-Kompetenz in die breite Masse bringen. Wie machen wir das? Wir fahren mit dem AI.Cube auf Stadtfeste und Festivals, laden jung und alt in den Escape Room ein. Das kommt bei den Bürger:innen an. Sie haben Spaß und gleichzeitig werden sie rund um das Thema KI aufgeklärt.
MTH Potsdam:
Welche Formate und Projekte befinden sich derzeit außerdem bei euch in Arbeit?
Sarah Luisa Thiele:
Ein sehr aktuelles Beispiel: Auf der MediaTech Hub Conference 2025 gestaltet das MIZ Babelsberg mit dem „MediaTech & Journalism“-Track erneut den journalistischen Schwerpunkt der Konferenz und eröffnet am 24. September 2025 direkt im Anschluss an die Opening Keynote auf der Hauptbühne die Horizon Stage im fx.center des Studio Babelsberg.
Inhaltlich widmet sich das MIZ in diesem Jahr der Rolle von Social-Media-Plattformen, Messenger-Diensten und KI-Chatbots für die Verbreitung journalistischer Inhalte. Eröffnet wird das Programm mit einer Keynote von Udbhav Tiwari, Vice President of Strategy and Global Affairs des Messenger-Dienstes Signal, der international für seine Datensparsamkeit, starke Verschlüsselung und werbeunabhängige Finanzierung bekannt ist. In der anschließenden Paneldiskussion spricht Tiwari gemeinsam mit Meinolf Ellers (Leiter des Bereichs Strategic Business Development bei der dpa) und Alexandra Borchardt (Journalistin, Medienforscherin und -beraterin) über die Frage, wie technologiegetriebene soziale Netzwerke und Kommunikationsplattformen dazu beitragen können, Medienvielfalt sowie die Glaubwürdigkeit und Sichtbarkeit journalistischer Inhalte zu stärken, statt ihnen zu schaden.
MTH Potsdam:
Welchen Mehrwert oder welchen Vorteil kann der Medienstandort Babelsberg jungen Medienunternehmen, Medienschaffenden oder auch Journalist:innen deiner Ansicht nach bieten?
Sarah Luisa Thiele:
Das Netzwerk. Ein Beispiel: das Media Founders Program des MIZ, das in Kooperation mit dem MediaTech Hub Accelerator entstanden ist:
Im ersten Schritt kommen die Medienmacher:innen zu uns und entwickeln nach Förderzusage ihren Prototyp. Im zweiten Schritt übernimmt der Accelerator. Hier werden sie bestmöglich auf die Gründung vorbereitet. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Das Hand-in-Hand arbeiten von Standort-Partner:innen, um das Bestmögliche für die Medienschaffenden herauszuholen, empfinde ich als großen Mehrwert.
MTH Potsdam:
Wo siehst du mögliche Herausforderungen für eure Arbeit, die ihr meistern müsst?
Sarah Luisa Thiele:
Der Medienmarkt verändert sich sehr, sehr schnell, und darauf müssen wir als Medieninnovationszentrum reagieren. Das bedeutet, dass wir Programme, die wir seit X Jahren machen, kritisch hinterfragen sollten. Wir sollten uns ehrlich machen. Wenn die Konsequenz dann ist, Altes gehen zu lassen, damit Neues entstehen kann, dann ist das so. Relevanz und Sichtbarkeit sind wichtig. Daran arbeiten wir jeden Tag.
MTH Potsdam:
Eine letzte Frage hätten wir noch: Gibt es einen Wunsch, den du für den Medienstandort Babelsberg hast?
Sarah Luisa Thiele:
Innovation braucht Mut.
Wir sollten niemals aufhören, mutig zu sein. Nur so können Innovationen wachsen und gedeihen. Das setzt auch eine gewisse Offenheit für Neues und Vertrauen voraus. Wenn diese am Medienstandort Babelsberg bestehen bleibt, also eine Offenheit für neue Wege und Kooperationen, dann kann Großes entstehen. Das kann ein wirklicher USP für den Standort sein.
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